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brummkreiselchen.de

Homepage von Moni, René und Judith

Franken Newsletter

Nachdem wir hier nach Mittelfranken gezogen sind, hat Moni angefangen, ein paar Newsletter über Franken und die Franken zu schreiben. Wer will, kann sie hier nachlesen.

Hier die Auswahl: Erster, Zweiter, Dritter, Vierter und Fünfter.


Erster frränggischer Newsletter

02.08.2007

Hallo Ihr Lieben,

in den letzten Jahren hat es sich eingebürgert, dass Menschen, die es in das Ausland zieht, für ihre Freunde einen Newsletter schreiben, um sie auf dem Laufenden des Geschehens zu halten und ihnen Land, Leute und Kultur näher zu bringen. Vor genau zwei Wochen sind René und ich in das für mich ausländische Franken (sprich: Frranggn)gezogen und so möchte ich Euch gerne etwas von meinen Erfahrungen hier berichten.

Wenn Ihr den Newsletter nicht möchtet, dann sagt mir Bescheid; wenn Ihr jemanden kennt, der ihn möchte, dann leitet ihn einfach weiter.

Vor zwei Wochen also sind wir umgezogen.

Die erste Begegnung mit den Franken hatte ich schon in Nackenheim. Zwei Möbelpacker kamen aus Nürnberg; einer davon sprach so gut, dass ich ihn kaum verstand. Zumindest, wenn er mit seinem Kollegen sprach. Wenn er mit mir reden wollte, gab er sich Mühe. Was immens von Vorteil war. Eigetnlich dachte ich ja, der Dialekt hier sei nicht so extrem- wurde aber noch in der alten Heimat eines Besseren belehrt. So konnte ich mich schon mal an das Ausland gewöhnen, in das wir einen Tag später aufbrachen.

Was sehr süß hier ist, ist, dass alle "Grüß Gott" sagen. Mir liegt immer ein "Wenn ich zu ihm komm" auf der Zunge, konnte es mir aber bisher verkneifen. Mit einem ordinären "Guten Tag" scheint man sich hier aber gleich als "Zugreister" zu outen. Nach einigen Tagen des Versuchs, "Guten Tag" oder "Guten Morgen" oder sogar uff Meenzerisch "Morsche" zu sagen, war ich heute voll guter Vorsätze, es diesmal auch mit "Grüß Gott" zu versuchen, um den sonst etwas irritierten Blicken zu entgehen. Ich gehe heute Vormittag also zum Bäcker, lege mir die zwei Worte zurecht (deren wirklichen Sinn ich noch nicht verstanden habe), und was sagt die Bäckersfrau? "Hallo." Ich war völlig irritiert, hatte ich mich doch so auf das "Grüß Gott" eingestellt- und dann das! Ich murmelte ein "Grüß Gott, hallo", daraufhin sie dann auch "Grüß Gott" und sprach munter auf fränkisch- ich glaube, sie hat mich gefragt, was ich wolle. Als ich dann mit meinem fast- Hochdeutsch mit rhoihessisch-Anschlag antwortete, war dann doch klar, dass ich nicht von hier bin. Und ich hab mich also doch wieder geoutet. Ich bin mir noch nicht darüber im Klaren, was ich beim nächsten Einkauf sage....

Vor zwei Tagen gingen wir ins Kino. In Nürnberg. Eigentlich dachte ich ja, das ist so ein bißchen wie das Cinestar in Mainz. Wusste ich doch von René, dass es da auch ein Multiplex-Kino gibt. Wir also hin. Und da war ich doch froh, dass René nicht von meiner Seite wich, denn darin hätte ich mich wirklich mehrmals verlaufen können. Mit seinen 17 Kinosälen und mehreren Restaurants, Bars und Kneipen ist es das größte Multiplex-Kino in Europa, wenn ich mir das richtig gemerkt habe. Da war ich doch mal ordentlich beeindruckt. Leider haben die es noch nicht fertig gebracht, ihre Kunden ordentlich zu schulen- an der Kasse hatte man das Gefühl, die Kassiererin muss jedem erst mal erklären, wie ein Kinobesuch funktioniert. Ob die Franken mit dem großen Kino überfordert sind? Auf jeden Fall war alles super, als wir einen Tisch im Bistro ergatterten und ich ein Stück Schokokuchen essen konnte. Das ist doch ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zum Mainzer Kino. Außerdem war Kinotag- Eintritt nur 5,90 Euro. Es lohnt sich also- wenn jemand bei uns zu Besuch ist und Ihr ins Kino wollt- wir sollten dann rechtzeitig hingehen, damit wir wieder rechtzeitig den Kinosaal finden, wenn wir uns verlaufen sollten. Der Film war dann kulturell eher unspektakulär- Stirb langsam 4.0. Da war es dann egal, in welchem Kino man sitzt. Aber jetzt hätte ich es fast vergessen: neben diesem Riesenkino (alles ist unterirdisch), befindet sich noch ein IMAX. Da waren wir aber noch nicht drin. Vielleicht, wenn die Kisten endlich alle ausgepackt sind...

Und jetzt freue ich mich auf das Wochenende: morgen beginnt hier in Worzeldorf die "Zeltkärwa" übersetzt: Zeltkerb. Da will ich unbedingt hin- ist kulturell sicher höchstinteressant. Als ich ein Programm las, wusste ich, dass ich diverse Dinge einfach erleben muss. Hier ein ganz kleiner Auszug: Offizieller Bieranstich; Kärwabaum-Aufstellung mit Musik; Musikgruppe "Almduudlaa"; Wettsägen im Festzelt; Maßkrugstemmen für jedermann. Besonders die letzten zwei Programmpunkte interessieren mich- hab René aber schon gesagt, dass er nicht teilnehmen muss. Zu gegebenem Zeitpunkt werde ich davon berichten.

So weit erstmal von den ersten zwei Wochen. Grüßt mir die Heimat (die, die dort wohnen) und denkt mal kurz an uns!

Liebe Grüße,

Moni

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Zweiter frränggischer Newsletter

04.09.2007

Hallo Ihr Lieben,

nachdem ich nun wieder tippen kann, kommt hier der zweite Newsletter aus der neuen Heimat. Nachdem sogar mein Angetrauter, der gebürtiger Unterfranke ist, und Jens, der auch Unterfranke ist, den ersten sehr lustig fanden, dachte ich, es ist mal wieder Zeit für den nächsten. Inzwischen habe ich wieder viiiel Material gesammelt. Ich konnte einige Zeit nicht schreiben, da ich durch ein Missgeschick mit einem scharfen Messer auf meinen linken Mittelfinger verzichten musste. Inzwischen kann ich wieder vorsichtig tippen.

Aber wo ich gerade "Unterfranken" erwähnte....

Hier in Franken ist das nämlich so: Hier ist man nicht in Bayern, sondern in Franken. Die Bayern sind nämlich die "Besatzer" (O-Ton eines kennengelernten Einheimischen). Und die Besatzer werden zwar akzeptiert, aber die Identifizierung hat sich nicht durchgesetzt. Naja, zumindest würde das kein Franke freiwillig zugeben. Ich finde ja schon, dass es da die eine oder andere Ähnlichkeit gibt oder gewisse Dinge übernommen werden... Es gab oder gibt sogar eine Initiative, die sich dafür einsetzt, dass Franken wieder eigenständig wird. Scheint aber ein bißchen ein Kampf gegen Windmühlen und erinnert ein bißchen an Amöneburg, Kastel und Kostheim (für alle Mainz-Internen). Franken ist aufgeteilt in Ober-, Mittel- und Unterfranken. Und das ist keinesfalls so, dass das geographisch für den Laien einsehbar ist. Wenn Ihr Euch eine Karte greift, könnt Ihr das nachvollziehen: Unterfranken befindet sich um Würzburg rum, im Westen bis nach Aschaffenburg und dann im Osten so Richtung Nürnberg. Mittelfranken ist dann so die Gegend um Nürnberg. Und wer logischerweise denkt, Oberfranken sei dann noch weiter östlich von Nürnberg (das wäre dann so was wie eine Linie), der hat sich getäuscht. Denn Oberfranken ist die Gegend um Bamberg. Was eindeutig im Norden von Nürnberg liegt. Es ist also ein bißchen wie ein Dreieck und nur den Einheimischen erschließt sich der Sinn. Oder zumindest denen, die es überhaupt hinterfragen. Mein "einheimischer" Mann hat dafür eine ganz einfache Erklärung, seit der ich mir das alles zumindest mal merken kann: die Bezeichnungen haben etwas mit dem Mainverlauf zu tun: der fließt nämlich erst an Bamberg, dann in der Nürnberger Gegend und dann an Würzburg vorbei (genauer durch Würzburg durch). Naja, fragen wir lieber nicht danach, wer sich hinterher die Erklärung ausgedacht hat, damit es doch einen Sinn ergibt ;o)

Wenn wir nun mal davon absehen, dass es also verschiedene Arten von Franken gibt, so ist doch bei allen eines gleich: sie verspeisen sich mit Vorliebe selbst. Keine andere mir bekannte Stadt benennt ihre Lebensmittel nach ihren Einwohnern. In Berlin heißen Berliner Pfannkuchen; in Wien heißen Wiener Frankfurter usw. Und hier? Hier essen alle mit Vorliebe Nürnberger. Und das wäre ja schon genug, aber die Essensbezeichnungen dazu sind schon etwas- naja, da fehlen mir die Worte. Bei "3 im Weckla" sind 3 Nürnberger im Brötchen gemeint. Die werden fein säuberlich in das Brötchen gelegt und dann genüsslich verspeist. Und wem das nicht reicht, kann gerne "6 auf Kraut" bestellen und sich überraschen lassen. Bekommt dann 6 Nürnberger (nein, keine Madels, sondern Würstchen) auf Sauerkraut. Schade, werden jetzt einige von Euch sagen. So weit so gut und vielleicht verständlich, wenn man bedenkt, dass das hier vielleicht auch durch den Tourismus eine interessante Einnahmequelle ist. Aber das ganze zieht sich noch weiter durch: Beim Bäcker kauft man den Frankenlaib oder Frankenkorn (knackig und mit leckerer Kruste). Da ich aber doch schon mit einem Franken verheiratet bin, greife ich dann auf anderes Brot zurück, damit René nicht eifersüchtig wird. Was will ich mit einem weiteren Frankenlaib in der Wohnung? Als ob der eine nicht reichen würde! Und wir trinken aus dem für Säuglingsnahrung geeigneten Frankenbrunnen. Heißt das nun, dass die Franken daraus trinken oder dass im Brunnen Franken sind oder aus was besteht das Wasser? Aus Franken oder aus Teilen davon? Die näheren Gedanken will ich mir lieber nicht machen! Das geht so weit, dass wir vor einer guten Woche, als wir bei Freunden, die in der Schweiz wohnen, als Geschenk beinahe ein paar Leute hier ins Auto geschmissen hätten, um ihnen Franken zu schenken. Wir haben aber keine Franken mit schweizer Dialekt (schweizer Franken) gefunden. Und hier in der Nähe gibt es ein großes Einkaufszentrum. Und wie heißt es? Ratet mal! Franken-Center! Aber was soll ich da kaufen? Einen Franken habe ich doch schon! Ich war dann da und habe festgestellt, dass dort viele Franken rumlaufen, man aber doch auch andere Dinge kaufen kann (mit Blick auf den Geldbeutel hätte es René besser gefunden, es gäbe nur Franken, da hätte ich keinen Bedarf gehabt).

Der Lokalpatriotismus ist also zur Genüge da. Da fällt mir ein, dass ich Euch noch den Bericht von der Zeltkärwa schuldig bin. Wir waren allerdings wegen Umzugsräumarbeiten nicht beim Bierkrugstemmen. Aber dafür beim Wettsägen. Was jetzt an sich nicht so spektakulär war, wenn man mal davon absieht, dass es sowas in meiner Heimat nicht geben würde. Und mal davon absieht, dass fast alle Teilnehmer in Lederhosen steckten, was zumindest bei einigen der Exemplare für das weibliche Auge nicht gerade unangenehm ist. Die dazugehörigen Dirndl der Frauen waren für mich jetzt nicht so interessant. Und da René noch nicht auf die Idee kam, mir so ein Ding zu verpassen, gehe ich mal davon aus, dass ich davon verschont bleibe. Ich glaube auch nicht, dass es aktuell eines für mich gäbe (gefühlte 10 m Bauchumfang).

Weitere Lederhosen sind auf dem derzeitigen Volksfest zu begutachten, das hier gerade stattfindet. Aber davon will ich jetzt nix schreiben, weil am Wochenende Tanja und Tina kommen und ich will ihnen nicht den Spaß nehmen.

Und ein paar nicht-fränggische Worte zum Thema, wie es uns geht: Baby wächst und behauptet seinen Dickkopf, indem es sich partout nicht nach unten drehen will. Und es wird nu immer beschwerlicher alles, das könnt Ihr Euch sicher denken. An Ausstattung ist jetzt das meiste da, jetzt müssen wir es noch aufbauen, Zimmer einrichten, alles sortieren und sauber machen.... und hoffen, dass es erst kommt, wenn wir damit fertig sind.

Ganz liebe Grüße aus Franken!

Moni

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Dritter frränggischer Newsletter

26.09.2007

Grüß Gott, Ihr Lieben,

von vielen schon sehnsüchtig erwartet, kommt hier der dritte Newsletter. Nur leider muss ich Eure Erwartungen gleich dämpfen- denn sooo viel bin ich hier im Frankenland gar nicht mehr unterwegs- ich kugel nur noch (Arme und Beine einziehen und dann vorsichtig rollen, gefühlte 20 m Bauchumfang inzwischen) und damit kann ich mich nicht mehr so frei bewegen- hinters Steuer passe ich gerade noch so (Lenkrad möglichst hochgestellt und Sitz so weit zurück, dass ich gerade noch an die Pedale komme)- alles ein bißchen anstrengend. Und die letzten Tage und Wochen waren wir damit beschäftigt, Lampen und Vorhänge zu besorgen und aufzuhängen und vor allem das Kinderzimmer einzurichten (ja, es ist endlich fertig, Baby kann kommen, hat aber eigetnlich auch noch 4 Wochen Zeit). Nichts desto trotz gibt es ein paar kleine Eindrücke, über die ich Euch gerne berichten möchte.

Ich hatte ja schon das Volksfest erwähnt im letzten Letter. Jetzt ist es mit einem Volksfest so: als ich das erste Mal vor ungefähr 7 Jahren von René hörte: "komm, wir gehen in Würzburg zum Volksfest", da hatte ich eine ganz bestimmte Vorstellung davon. Nämlich eine sehr bayrisch-traditionelle. Also mit Bierzelten und Schuhplattlern und Dirndls und Bierkrügen. Aber so ist es gar nicht- zumindest nicht so vordergründig. In Mainz kennt man den Begriff Volksfest nicht. Dort ist dann Meenzer Mess oder Johannesfest. Volksfest hier ist also wie ein Johannesfest (nur ohne Künstlermarkt), also eine Vergnügungsmeile. Gar nicht unbedingt so traditionell, sondern mit Wurstständen, Schießbuden, diversen Vergnügungskarusells (Breakdance und so). Das muss ja auch erst mal gesagt werden. Nachdem ich also vor 7 Jahren schon gelernt habe, dass Volksfest was ganz normales ist, war ich gar nicht mehr so darauf aus, zu erklären, was es ist. Als ich Tanja und Tina am Telefon erklärte: es ist gerade Volksfest, da könnten wir dann hingehen, wenn Ihr da seid, war ich etwas verwundert, als die Reaktion nicht so euphorisch war, sondern eher ausfiel wie: ach ja, könnten wir, mal sehen. Ich hatte nicht bedacht, dass sie wahrscheinlich ein ähnliches Bild vor Augen hatten wie ich vor 7 Jahren. Ich konnte sie dann allerdings aufklären.

Wir waren also da. Die Woche davor auch schon mit Doro und Burkhard. Das ganze geht nämlich 2 1/2 Wochen lang und ist in Bayern das zweitgrößte Volksfest (nach dem Münchner Oktoberfest). Die erste Erfahrung war: es findet direkt zwischen Reichsparteitagsgelände und Messegelände statt, was bedeutet, dass es kaum zu verfehlen ist. Außerdem heißt der Platz das ganze Jahr über, also immer, "Volksfestplatz", so was kenn ich auch von nirgends anders. Normal ist ja, dass Feste auf diversen Plätzen in einer Stadt stattfinden. Aber dieser Platz ist wohl für das einzigartige Spektakel vorgesehen (ich glaube, es gibt es sogar 2 Mal im Jahr). Verwunderlich ist da eigetnlich, dass der Hauptmarkt in Nürnberg, auf dem der Christkindelmarkt stattfindet, noch "Hauptmarkt" heißt und nicht "Christkindelmarkt". Naja, zur Entschuldigung: dort finden auch noch andere Dinge statt wie Herbstmarkt letzte Woche, aber das ist eine andere Geschichte. Zurück also zum Volksfest. Dank des alten Adolfs, der im Größenwahn eine Paradestraße bauen wollte, hat der Volksfestplatz eine breite Einfahrtschneise, auf der man sehr bequem und sehr nah parken kann. Wir hatten so ungefähr 5-10 Min. zu laufen bis zum Eingang (Schwangerenwatschelgang schon mit eingerechnet, es war also wirklich nicht weit). Besonders günstig für alle, die nicht mehr so ganz beisammen sind (aus welchen Gründen auch immer) - es geht natürlich immer geradeaus. Man kommt dann zum Eingang. Ja, es gibt einen offiziellen Eingang, naja, eigetnlich zwei offizielle Eingänge, die auch als solche beschildert sind. Und am Eingang hängt ein Schild mit den Regeln für das Volksfest. Ich hielt es zunächst für einen Scherz, aber ich glaube, es war wirklich ernst gemeint (Kinder nur in Begleitung Erwachsener, keine Hunde außer Blindenhunde, keine Gewalttätigkeiten, Polizei Folge leisten usw). Am Eingang gibt es auch Prospekte, wo das Volksfest aufgezeichnet ist (damit man sich nicht verläuft, haha, siehe unten; und natürlich mit viel Werbung und natürlich mit den Öffnungszeiten, siehe unten). Geht man durch den Eingang, wird man einen Weg entlang geschleust, der an allen Buden und Aktivitäten vorbeiführt. Es gibt keine Abzweigungen. Ist wirklich praktisch, selbst bei einem hohen Promillespiegel kann man sich nicht verlaufen. Und es rennt nicht ständig jemand entgegen, weil ungefähr 90 % mit dem Strom schwimmen. Da kommt nicht die Panik auf wie bei den Mainzer Festen: gehen wir jetzt da lang oder da, aber war dort nicht der besondere Stand und ich wollte doch da lieber den Crepe usw. Wie sich später herausstellte, war meine Panik, es gäbe nur einen oder zwei Ein- und somit auch Ausgänge, völlig unbegründet. Bei genauerem Hinsehen stellte sich heraus, dass es zwischendurch noch bestimmt 3 oder 4 Schleichwege auf das Gelände gibt, die zwar nicht so deutlich beschildert sind und auch keine Regeln dort hängen (was vielleicht erklärt, dass wir doch mal vereinzelt Hunde sahen, die nicht wie Blindenhunde aussahen), die aber durchaus zu benutzen gewesen wären. Allerdings weiß ich nicht, wer da rein oder raus will: der eine Eingang ist beim Parkplatz, der zweite an der Bushaltestelle und wie soll man sonst dorthin kommen, abgelegen der Innenstadt? Der Sinn der Sache mit "dem Einen Weg" ist mir noch nicht ganz aufgegangen, man kann aber viel reininterpretieren. Wenn man etwas nochmal später machen will oder so, läuft man eben noch mal ne Runde. Vielleicht sieht man dabei dann woanders noch was und hält sich länger auf. Oder es ist gewollt, dass das alles ein natürliches Ende findet: ein Mal den Weg gelaufen, wieder am Eingang angekommen, dann gehen wir eben wieder heim, haben ja alles gesehen! Wir reihten uns also in die Menge ein. Zwischen den ganzen Franken, von denen vereinzelt wirklich ein paar Lederhosen trugen, aber wirklich nur ein paar. Und hätte man nicht auf Kleinigkeiten geachtet, es wäre ein ganz normales Vergnügungsfest gewesen. Aber es gibt dann doch ein paar Dinge, auf die das Auge fällt. So sind Tanja, Tina und René nicht einfach mit einem Kettenkarusell oder Wellenflug gefahren, sondern mit dem BAYERISCHEN Wellenflug. Ja, der hieß so. Und in welchen Farben der war, brauch ich wohl nicht zu erwähnen. Und das Riesenrad war auch mit einem Bild von dem Ludwig geschmückt (Ihr wisst schon, der von Neuschwanstein) und auch in den gleichen Farben. Hat aber jeweils funktioniert wie jedes andere herkömmliche Riesenrad auch. Und es gab zwar Traditionsgerichte, die waren aber leider (wahrscheinlich der Touris wegen) nicht nur als solche betitelt, sondern da stand dann wirklich auf dem Schild: 3 Nürnberger Würstchen im Brötchen. Dabei hätte es das "3 im Weckla" schließlich auch getan. War ein bißchen enttäuschend für mich. Natürlich gibt es diverse Bierzelte, deren Namen ich nicht mehr alle sagen kann (weiß nur noch vom Ochsenzelt). Sie waren jedenfalls so, dass wir nicht hineingingen. Fühlten uns nicht davon angesprochen (sind keine Ochsen). Dort gab es natürlich Bühnen und Bier und Musik (welche wohl?). Mit Doro und Burhard waren wir in einem Zelt, in dem es Essen gab. Nur Essen (und trinken natürlich) - ohne Musik. Eine weibliche Bedienung hatte auch ein Dirndl an und zwei Männer Lederhosen (die bedienten uns aber leider nicht, sah wirklich knackig aus, daher wahrscheinlich die "Krachlederhosen"), aber uns bediente eine "Normale". Auffallend war, dass ziemlich viel grün-weiß vorhanden war. Bayern ist doch ein recht sicheres Land. Und es gibt wohl wirklich recht wenige Ausschreitungen auf dem Fest. Was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass die Buden um 22 Uhr bzw 23 Uhr am Wochenende schließen (das müsste man mal in Mainz auf dem Johannesfest versuchen) und manche Bierzelte dann endgültig so gegen 1 glaube ich (haben wir nicht getestet). Es gibt also ganz klare Öffnungs- und Schließungszeiten. So was gibt es auch nur in Bayern. Wie es ja auch offizielle Öffnungszeiten für die Biergärten hier gibt. Hier herrschen noch Sitte und Ordnung!!! Betrinken mit riesigen Gläsern (hab in Mainz noch nie einen 1-Liter-Krug gesehen), aber bitte nur bis x Uhr! Dann bitte der Laufrichtung folgend zum Ausgang torkeln, in den entsprechenden Bus oder ins Auto steigen und nach Hause fahren. Was ja auch was für sich hat. Aber ich überlasse Euch das Urteil. Und wer es selbst erleben möchte: das nächste Volksfest kommt bestimmt und dann dürft Ihr gerne selbst schauen.

Direkt aufs Volksfest folgte dann der Herbstmarkt auf dem Hauptmarkt. Das ist ein bißchen wie Hochheimer Markt (für alle, denen das was sagt): es gibt vor allem Haushaltswaren und Haushaltsgeräte in allen Farben und Formen. Nur dass es auf dem Hauptmarkt nicht so matschig ist und vor allem besseres Wetter als auf dem Hochheimer Markt (für alle Nicht-Kenner: Hochheimer Markt ist am ersten Novemberwochenende, normalerweise ist es kalt und regnerisch und aus dem Sand- und Grasplatz wird dann eher ein Matschplatz). Parallel war gleichzeitig auch das Altstadtfest, auf das wir verzichtet haben (wäre zu weit zum Kugeln gewesen und auf Bierbänken sitzen ist nicht mehr so angenehm). Davon kann ich also leider nicht berichten. Nächstes Jahr dann vielleicht mehr.

So weit also zu den Festen, die hier nicht ausgehen. Es ist sicher schon das nächste im Gange.

Aber eigentlich habe ich noch Nachschlag zu dem letzten Newsletter, in dem ich von der fränkischen Eigenart erzählte, alles mit "Franken-" zu betiteln. Ein Tag, nach dem ich den Newsletter geschrieben hatte, fuhren wir hier im Dorf an weiten Feldern vorbei. Dort stehen (ok, standen, inzwischen sind sie "geerntet" oder was auch immer damit gemacht) Pflanzen, ca. so hoch wie ich, mit rosa-lila Blüten. Hab ich zuvor noch nie gesehen. Hopfen, was hier ja wächst wie in Rheinhessen die Weintrauben, sieht jedenfalls anders aus und ich hatte keine Ahnung, was das sein soll. Also frage ich meinen geliebten Ehemann, was das sei. Ich weiß bis heute nicht, ob er wirklich keine Ahnung hatte, aber er sagte im Brustton der Überzeugung: "Frankenkraut". Hab ich aber leider bei Google nicht gefunden. Da muss er sich wohl getäuscht haben. Oder hat er mich etwas veräppelt? Oder muss ich dann sagen: verfrankelt? Und zum Thema Essen fällt mir noch etwas sehr wichtiges ein: wenn hier jemand mal vor hat, in der Erwachsenenbildung tätig zu werden, könntet Ihr den Franken hier mal beibringen, was Fleischwurst ist? Ich meine, so richtige Meenzer Fleischworscht, schön fluffig und weich und wurstig und mit gutem Geschmack! Hier gibt es Nürnberger Stadtwurst, was einem dann als Ersatz angeboten wird. Aber das ist was ganz was anderes: gibt es nur in halben Ringen und ist ziemlich fest und es sind Kräuter drin und schmeckt ganz ganz anders! Wenn ich hier Fleischwurst haben will, muss ich zum Aldi gehen. Da gibt es wenigstens aus dem normalen Sortiment die normale Fleischwurst und die Geflügel- Fleischwurst. Aber alle Meenzer wissen, dass das ja wohl kein Ersatz ist! Hab dann mal ein SOS an Baby durchgegeben, dass es mir ja keinen Heißhunger auf Fleischwurst verpasst, dann bin ich echt aufgeschmissen!

Aber gut Essen kann man hier schon, wenn man Lust auf Deftiges hat (so wie ich in der Zeit eigentlich schon). Und wenn es nur was Kleines ist, gibt es eben Kloß mit Soß (steht wirklich so auf der Karte). Und da meiin Heißhunger auf Kohlenhydrate ungemildert ist, bin ich immer in der Zwickmühle: bestell ich mir jetzt was "Normales", was ich dann sowieso nicht schaffe (Baby scheint einen Teil meines Magens weggezaubert zu haben) oder bestelle ich einfach immer Kloß mit Soß, bis ich satt bin? Bisher habe ich mich immer für ersteres entschieden und dann am nächsten Tag die Reste verzehrt oder bei der Bestellung meinen Mann vernommen: "ich brauche nix, ich esse die Reste meiner Frau." Sehr witzig! Wenn dann mal von mir noch was übrig bleibt, wenn er doch mal mehr Hunger hat oder ich keine Rest übrig lasse!

Und eines hab ich außerdem entdeckt, was ich dieses Jahr zwar nicht nutzen kann, mich aber auf nächstes Jahr freue: da es hier keinen Wein gibt (in Würzburg, also Unterfanken zwar schon, aber hier in Mittelfranken nicht) dachte ich, ich müsste bis zum Lebensende auf Federweißen und Zwiebelkuchen verzichten. Aber den gibt es hier tatsächlich doch auch! Es lebe die Globalisierung! nicht so üppig und ich glaube, ich will lieber nicht wissen, von wo genau der angekarrt wird und besonders ökologisch kann das dann auch nicht sein, aber nächstes Jahr kann ich das dann mal testen (wobei ich den ganz frischen am liebsten mag, weil er so schön süß ist, mal sehen, wie frisch das hier überhaupt geht). wenn also jemand nächstes Jahr zu der Zeit zu Besuch kommt: bitte Federweißen mitbringen! am besten vom gleichen Tag und dann können wir die Bottel abends gleich leeren. das kann man ja nicht stehenlassen, das geht ja so schnell um. Könnten wir nicht verantworten! Aber dies Jahr ist das nix, sonst kommt Baby ganz beschwippst zur Welt....

Eine Besonderheit hier ist auch: Du fährst Ende August mit dem Auto nichtsahnend durch die Gegend, das Wetter ist fein, die Fensterscheibe ist runter, da fängt Deine schwangerschaftsempfindliche Nase einen besonderen Geruch ein. Du weißt nicht direkt, was genau das ist, Du weißt nur, es ist was Besonderes und passt gerade nicht zur Autofahrt, weil Du damit was anderes verbindest. Es dauert ein paar Momente, um zu registrieren, dass es nicht zum warmen Wetter passt. Bei dem Geruch müsste es eigetnlich kalt sein, ja, das würde besser passen. Richtig kalt. Und da fällt es Dir plötzlich wie Schuppen von den Augen: Lebkuchen, ja, es riecht nach Lebkuchen! Kein Wunder, in der Nähe ist eine Lebkuchenfabrik und die produzieren natürlich im August schon, damit in ganz Deutschland pünktlich zum ersten September die Lebkuchen im Regal liegen können. Und das schlimme: wenn man es immer wieder riecht, bekommt man richtig Lust darauf, auch schon im August und September!

So, nu fällt mir nix mehr ein. es wird auch immer schwieriger, die Franken assimilieren vielleicht ziemlich schnell. Könnte sein, dass mir immer weniger auffällt, weil es immer normaler wird.... bin ich schon ein Franke? oder eine Fränkin? oder wie heißt das richtig? gibt es vielleicht einen Test? wahrscheinlich hat der dann was mit Sprache zu tun? Aber das ist ein anderes Thema, brauche ja auch noch ein bißchen Stoff für den nächsten, dann geht es vielleicht um die Sprache und den Glubb hier. Was genau das ist, bleibt spannend.

Wobei noch nicht klar ist, wann es den nächsten gibt- hängt stark von unserem dickköpfigen Baby ab, das sich immer noch nicht gedreht hat (ja, bleib ruhig aufrecht, liebes Kind und geh Deine eigenen Wege, nicht immer nur die ausgetretenen). Auch das bleibt also spannend. Wir wissen auch nicht, wie lange ich noch richtig laufen kann und Auto fahren. Oder ob mich René bald rollen muss, damit ich mich fortbewegen kann und wie lange ich wirklich noch hinters Steuer passe oder ob ich mich als fünftes Rad am Wagen dranschraube und so fortbewege... bleibt also auch spannend.

Ich wünsche Euch eine ebenso spannende Zeit!

Viele Grüße aus Franken!

Moni

PS: wenn Ihr noch jemanden wisst, der den Newsletter bekommen soll (weil Ihr ihn sowieso weiterleitet), dann schreibt mir die e-mail-Adresse, dann nehme ich diese Menschen direkt hier in meinen Verteiler auf.

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Vierter frränggischer Newsletter

12.10.2007

Grrüß Godd, Ihr Lieben,

hierr gommd derr nächsde frränggische Newsledder.

Und wie Ihrr schon sehen gönnd, gehd es diesmal um die Sbrache. Die isd hierr nämlich ziemlich besonders. Weil die Frranggen zum einen das "R" rrollen wie Garrolin Rreiberr, und zum anderen geine harden Gonsonanden sbrrechen gönnen wie das "K", das "P" oder das "T".

Aber bevor ich mir hier noch einen abbreche, schreibe ich lieber normal weiter, sonst bin ich in einer Woche noch nicht fertig mit dem Newsletter.

Aber vielleicht habt Ihr von dem ersten Abschnitt schon einen kleinen Eindruck gewinnen können, was es heißt, sich hier zu verständigen. Denn selbst, wenn man denkt, man hat sich mit dem "Grüß-Gott-Sagen" ein bißchen eingegliedert, muss man feststellen, dass man sich immer wieder outet, wenn man "Grüß Gott" statt "Grrüß Godd" sagt. Außerdem oute ich mich immer wieder mit meinem rhoihessisch-"SCH", das meine Frauenärztin beispielsweise sehr witzig findet...

Es tut mir auch herzlich leid, aber ich kann das R nicht rollen! Ist das hier eine angeborene Sache? Oder ein Unterrichtsfach in der Schule? Ein Lerninhalt zum Thema Heimatskunde? Und lernen die Kinder in der Schule die harten Konsonanten oder kann man die gleich weglassen? Wie viele Buchstaben hat dann das Alphabet für die Franken? Dies sind alles Fragen, auf die ich bisher keine Antworten gefunden habe. Aber vielleicht gibt es auch gar keine.

Wenn man jetzt aber denkt, dass man sich einfach nur einen Teil der "G", "D" oder "B" hart denken muss und schon versteht man die Franken, dann hat man sich da getäuscht. Es ist mitunter nicht immer so einfach. Meine aktuellen Lieblingswörter sind:

  • Derragoddadobf (Terracottatopf) und
  • Bauerrboindbrräsendadsion (Powerpointpräsentation).

ich muss aber gestehen, dass ich das nicht selbst aufgeschnappt habe, sondern mir jemand diese zwei Wörter angepriesen hat (Danke an Silkes Freundin Martina).

René hat mich dann vor kurzem auf einen Artikel aufmerksam gemacht, bei dem es um die fränkische Identität geht. Leider können die Franken das Wort "Identität" nicht richtig aussprechen- es heißt dann "Idendidäd", was das Thema nicht gerade vereinfacht. In diesem Artikel der süddeutschen Zeitung geht es darum, dass die Franken immer Probleme mit ihrer Idendidäd haben. Und da ich es selbst nicht besser schreiben kann, zitiere ich aus diesem Artikel (SZ vom 7.10.: Immer Probleme mit der Idendidäd):

"Identität ist ein Wort, welches den Franken wichtig ist. Leider ist es auch ein Wort, welches die Franken schlecht aussprechen können. Wenn ein Franke außerhalb Frankens von fränkischer ,,Idendidäd'' spricht, erntet er mehr Spott als Verständnis. Welche Tragik! Was eine fränkische Identität überhaupt sein soll, lässt sich ohnehin nur schwer beantworten. Als vor 200 Jahren die fränkischen Gebiete nach und nach an Bayern fielen, gab es keinen einheitlichen fränkischen Staat, sondern nur einen losen Bund von Herrschaftsgebieten. Der "Fränkische Reichskreis" hatte vor allem wirtschaftliche Ziele verfolgt. Ein echtes fränkisches Gemeinschaftsgefühl aber war nicht entstanden. Die politische, räumliche und konfessionelle Zersplitterung sind dann auch Gründe, warum "Franken" relativ geräuschlos an Bayern fallen konnte. Die historisch gewachsene Kleinteiligkeit Frankens war also einerseits eine Schwäche ("fränkisch ist zänkisch"), andererseits aber auch eine Stärke, die in großer kultureller Vielfalt zum Ausdruck kam. Das erschwert die Identitätssuche bis heute."

Und es geht noch weiter: "Möglicherweise geht es ja heute bei der Suche nach einer "fränkischen Identität" auch weniger um die Frage, wer und was man ist, sondern vielmehr darum, wer und was man nicht sein will: nämlich Bayern. Das mag woanders belächelt werden, sollte aber dennoch Verständnis finden. Pseudobajuwarischer Neo-Seppilismus gilt als Exportschlager, und kein anderer deutscher Volksstamm prägt das internationale Bild der Deutschen dadurch so nachhaltig und einseitig wie die Bayern. Das kann den Kölnern, Berlinern und Hamburgern egal sein, weil sie ja wissen, dass sie Kölner, Berliner und Hamburger sind. Für die Franken ist es ärgerlich: Sie sind politisch gesehen Bayern, aber wenn Bayern gelobt wird oder sich selbst lobt (was noch häufiger vorkommt), sind sie zwar betroffen, jedoch gar nicht gemeint."

Es lohnt sich auf jeden Fall für Interessierte, den Artikel ganz zu lesen, das würde hier allerdings den Rahmen sprengen. Ich höre ja jetzt schon die Kritiker: jaja, schon beim vierten Newsletter weiß sie schon nix mehr selbst zu schreiben, weil sie schon viel zu sehr Einheimische ist. Aber ich sehe es mehr als wissenschaftliche Arbeit und da sind Zitate doch erwünscht, oder?

Und deshalb hier der Kommentar zu diesem Artikel von Kampffrosch, der es wohl so ausdrückt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist: "wichdiche Ergänzung: Also, des Allerwichdichsde, sozusachn was Hisdorrisches, dass mer des auch amal dazudun, also des had der ja widdr, verrgessn, nämlich dass des mir Frrangn warn, die wo den Münchnern amal klargemachd ham, dass mer auch in so 'm Könichreich a Verfassung brauchd. Weil, ohne uns dädn die imma noch an Könich ohne Verfassung habn. Und mit Wilhelm J. Behr ham mir sozusachn dann unsern Märdyrer -- im unerschrockenen Kampf gegen die Münchener Dumpfheit! "

Und wer könnte es besser sagen???

Dies beweist auch gleichzeitig, was ich schon einmal beschrieben habe: das Verhältnis zwischen Bayern und Franken ist nicht immer so einfach. Und wenn man hier die Tagespresse verfolgt, ist das schon manchmal komisch. Gerade in diesen Tagen, in denen Beckstein zum bayerischen Chef wird... er ist Nürnberger und somit Franke. Und die Headline vorgestern der Zeitung: "Mein Herz schlägt für alle Bayern!" Mir stellt sich da die Frage: hat er sich da den Franken gegenüber nicht auch gleichzeitig disqualifiziert? Hätte er nicht sagen müssen: Mein Herz schlägt für die Franken und für die Bayern? Oder nehmen wir es da doch nicht so genau?

Naja, jedenfalls ist die Zeitung in hochdeutsch verfasst und es bleibt mir erspart, die Ds, Gs und Bs auseinanderzudividieren, was doch ein T, K oder P sein soll.

Um aber das Fränkische noch etwas wissenschaftlich zu untermauern, kommen hier noch ein paar Erklärungen: bei der Suche nach dem Fränkischen in Wikipedia erfährt man: "Fränkisch hat in der Umgangssprache eine andere Bedeutung als in der Linguistik:

  • Die Umgangssprache bezeichnet mit Fränkisch die Dialekte Frankens, die wissenschaftlich in etwa dem Mainfränkischen entsprechen (siehe dort).
  • In der Linguistik wird dagegen ein viel größerer Sprachraum Fränkisch genannt; dieser Sprachraum erstreckt sich von den Niederlanden über das Rheinland, das Maintal bis ins Fichtelgebirge: siehe Fränkische Sprachen."

Sprach ich also mein Leben lang schon fränkisch, weil ich ja in Mainz aufgewachsen bin, also zwischen Rhein und Main also? Genau genommen wohl schon, wenn man mal von der Linguistik ausgeht. Aber wir reden hier eigentlich vom Mainfränkischen.

Wenn wir nun in Wikipedia das Mainfränkische suchen, finden wir: "Mainfränkisch ist eine Dialektgruppe des Ostfränkischen. Sprachgebiet: Der mainfränkische Dialektraum erstreckt sich in einem breiten Streifen entlang der Mainlinie. Deutliche Sprachgrenzen nach Norden und Nordosten bilden der Salzbogen und der Rennsteig. Im Osten, Süden und Westen fällt die Sprachgrenze annähernd mit den alten Territorialgrenzen der Bistümer Bamberg und Würzburg aus dem Hoch- und Spätmittelalter zusammen. Im Osten und nach Südosten wird die Sprachgrenze daher Bamberger Schranke genannt. Mainfränkische Dialekte werden heute überwiegend in folgenden Gebieten gesprochen:

  • Im Main-Tauber-Kreis in Baden-Württemberg,
  • in den Regierungsbezirken Unter-, Mittel- und Oberfranken in Bayern,
  • in den Kreisen Schmalkalden-Meiningen, Hildburghausen und Sonneberg sowie in der kreisfreien Stadt Suhl in Südthüringen."

Soweit für die Gebildeten unter uns, die sich gerne weiterbilden möchten. Doch wie in jedem Dialekt gibt es auch besondere Worte, die ich selbst noch nicht kenne, aber dank eines fränkisch-deutschen Wörterbuches im www kennenlernen darf.

Hier nur einige besonders schöne Beispiele (die korrekte Aussprache wird sicherlich Euer Vergnügen sein und erwartet bitte keine Hilfe von mir):

Achala
Eichhörnchen
Bflasdaschajssa
Einwohner Nürnbergs; wörtl: "Straßenbelagexkrementierer" (fürtherisch)
Blousoasch
Einwohner von Fürth; wörtlich: Nacktes Gesäßfleisch (nürnbergerisch)
Budselküh
Tannenzapfen
Daach
Teig
Dooch
Tag
dsammgschläggd
fein zurechtgemacht
Dsohdogda
Zahnarzt
Dullnraama
Kanalarbeiter
Glees
Kloß
Gloos
Glas
Hoos, Hoosn Mz.
Hase, Hasen Mz.
Husn
Hose, Hosen Mz.
Najgschmäggda
Zugereister
Nämmbärch
Nürnberg
Schbinådwachdl
ältere Dame
sich wos glaj seng
nach etwas aussehen, Eindruck machen
Wäggla
Brötchen, Schrippen

So weit mal eine geringe Auswahl, anhand derer schon zu erkennen ist, dass die Verständigung hier nicht immer so einfach ist (siehe Glees und Gloos oder Hoosn und Husn). Wir sind also in dem Land, "Wo die Hasen Hoosn heesen und die Hosen Husn heesen". (hoffe, das hab ich jetzt richtig geschrieben?)

Eine Freundin (hallo Christiane) hat mich aufgrund der besonderen Aussprache hier schon darauf hingewiesen, dass man in der Auswahl der Namen ein bißchen auf den Dialekt achten sollte (ihre inzwischen in Nürnberg lebende Nichte würde wahrscheinlich nicht wieder "Deresa"- eigetnlich Theresa- genannt werden). Wir werden versuchen das zu berücksichtigen ;o)

Aber bevor ich schließe, möchte ich noch aufdecken, was der Glubb ist. Inzwischen könnt Ihr es wahrscheinlich selbst denken: der Club. Also der FC Nürnberg. Das ist hier nämlich in Nürnberg genauso wie in Mainz. Von der Euphorie und der "Indendifizierung". Aber bitte redet nicht vom "Club", sondern immer vom "Glubb", sonst habt Ihr Euch gleich als Najgschmäggda geoutet. Wobei es mir noch immer schwerfällt, das richtig auszusprechen- denke ich doch immer an Blubb-Aquarium dabei... Naja, wenn die weiter so spielen, werden sie wohl auch versinken... aber das ist ein anderes Thema.

So, nu macht es mal gut, grüßt mir die Heimat (sofern Ihr dort wohnt) und lernt schön fränkisch, falls Ihr mal hierher kommt!

Ganz liebe Grüße!

Moni (zum Glück nennen mich ja alle so, sonst würde ich hier zur Moniga)

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Grüß Gott!

12.11.2007

Ja, Ihr merkt es vielleicht inzwischen auch:
ich bin assimiliert!

Die Franken haben es geschafft.

Und deshalb muss ich- quasi als Nachtrag zum vierten Newsletter- sagen:
kaum habe ich eine echte Nürnbergerin geboren, schon fange ich an, wie die Franken zu reden. Nun liegt das eigentlich nicht an der friedlich kleinen Maus, die noch keine richtigen Worte formen kann. Aber ich durfte mein Krankenhauszimmer mit Tanja 5 Tage lang teilen, die auch einen Kaiserschnitt hatte. Und Tanja kommt vom Nürnberger Land. Und spricht auch so. Und wir haben uns gut verstanden. Und natürlich viel miteinander gesprochen. Und da ich eher hochdeutsch erzogen wurde und mein Rhoihessisch nicht so tief in mir eingefleischt ist wie vielleicht bei manch anderem, ist es also passiert. Ich habe mich ertappt. Bei fränkischen Gedanken. Als nämlich Judith in ihrem Bettchen anfing wach zu werden, dachte ich: Ich gehe nur "gschwind" zur Toilette. Ja, da war es also passiert. Mein erster fränkischer Gedanke. Fängt es so nicht an?

Nun kann ich mich also selbst in Frage stellen: darf ich jetzt überhaupt noch fränkische Newsletter schreiben? Oder bin ich jetzt schon so weit Fränkin, dass das eher eine Selbstironie ist?

Aber warum bin ich dann wieder unfränkischer geworden, seit ich zu Hause und nicht mehr den mittelfränkischen Einflüssen ausgeliefert bin?


Hinzu kommt: seit einigen Tagen können René und ich nicht mehr einparken. Weil jetzt ganz offiziell unsere Autos Nürnberger sind. Mit entsprechendem Nummernschild. Und diese können nicht einparken. Haben wir schon vermehrt festgestellt. Und jetzt hat uns das Schicksal selbst eiskalt erwischt. Ich selbst habe es noch nicht ausprobiert, hab mich noch nicht hinters Steuer gesetzt. Aber es wird sicher noch kommen. Wenn wir hier zum Supermarkt fahren oder in den Baumarkt oder ins Möbelhaus- oder wo immer es uns hinverschlägt: wir sind auf der Hut. Denn wir wollen nicht umgefahren werden. Und unsere Autos brauchen auch nicht dringend Beulen. Denn wir haben schon viel beobachten können. Jetzt mag man sagen, es ist vielleicht Zufall oder wir achten vermehrt darauf, da wir zu Beginn gerade "zufällig" mehrere solcher Beobachtungen gemacht haben. Aber dann erklärt doch mal: warum braucht jemand 6 (!!!) Versuche, um mich einem Auto beim Baumarkt in eine ganz normale Parklücke einzuparken? Ok, es war ein Kombi, aber die Parklücke war wirklich ganz normal breit, also wir haben es beobachtet und waren beide der Meinung, wir hätten es in einem Zug geschafft. War ja ein ganz normaler reinzufahren-Parkplatz. Und im Parkhaus habe ich Lachanfälle bekommen, weil jemand versucht hat einzuparken. Es war ein BMW, was nun auch schon so für sich spricht. Er hat versucht einzuparken, hat es nach mehreren Versuchen nicht geschafft und ist dann doch weitergefahren und wir sind hinterher und haben zugeschaut, bis er dann endlich in einer Parklücke stand. Ich habe dann für mich gemerkt: wenn ich mal richtig schlecht drauf bin, fahr oder lauf ich einfach auf einen Parkplatz und schau ein bißchen zu. Aber darf ich dann lachen? Jetzt, wo mein eigenes Auto auch Nürnberger ist? Und ich folglich auch nicht mehr einparken kann?

Und dann ist da noch eine dritte Sache, an der ich merke, dass ich assimiliert bin: Früher habe ich Kümmel gehasst. Wirklich gehasst. Es war schon fast ein bißchen ein Würgen, wenn ich ihn geschmeckt habe. Ok, als erwachsener Mensch nimmt man sich eher zusammen. Aber auch im Laufe meines Lebens habe ich Kümmel nicht wirklich haben müssen. Die Franken hier stehen voll auf Kümmel. Das liegt vielleicht auch an den 6 auf Kraut- im Kraut ist ja Kümmel. Und das bekommt man hier schon sehr früh, wahrscheinlich sobald man es irgendwie verdauen kann. Und scheinbar lieben die Franken Kümmel so sehr, dass sie ihn wahllos auf ihr Brot streuen. Nein, nicht nur auf oder in Kümmelbrot. Da wäre es ja verständlich. Wenn man hier beim Bäcker z.B. ein Roggenbrot kauft, kann es passieren, dass man zu Hause, wenn man es genüsslich mit Nutella bestrichen hat und reinbeißt, feststellt, dass da Kümmel drin und/ oder drauf ist. Bei normalem Brot. Passiert auch bei diversen Mischbroten. Oder Körnerbroten. Ich habe noch kein System festgestellt. Manchmal ist der Kümmel nur auf die Kruste gestreut. Dann kann man ihn runterkratzen. Das Brot schmeckt dann zwar ein bißchen nach Kümmel, aber nicht so intensiv. Und nur in der Nähe des Randes. Wenn ich also den Rand zuerst esse, kann ich den Rest ohne Kümmelgeschmack genießen. Inzwischen bin ich dazu übergegangen, beim Kauf von Brot- egal welchem- immer zu fragen, ob Kümmel drauf oder drin ist. Was viele VerkäuferInnen dazu veranlasst, mir zu erklären, in welchem Brot Kümmel ist, weil sie glauben, dass ich Kümmel will. Und da wird einem bewusst, in wie vielen Broten Kümmel enthalten ist. Das will ich dann aber nicht wissen und erkläre, dass ich ein Brot OHNE Kümmel will. Ich dachte, ich hätte damit das Problem aus der Welt geschafft, bis René eines Wochenendes morgens beim Bäcker Brötchen holen ging. Er brachte mir ein Roggenbrötchen mit (ich liebe Roggenbrötchen mit Nutella). Muss ich jetzt erwähnen, wonach das Roggenbrötchen schmeckte?

Das wäre ja soweit alles in Ordnung. Es würde mich immer daran erinnern, dass ich hier in einem anderen Land bin und einfach ein paar Sachen anders sind. Nun ist vor gut 3 Wochen unsere Tochter zur Welt gekommen. Und ich stille. Und da trinkt frau Stilltee. Fenchel-Anis-Kümmel. Hätte man mich früher mit jagen können. Inzwischen habe ich mich fast daran gewöhnt. OBWOHL er nach Kümmel schmeckt. Oder WEIL?


Ich zerbreche mir lieber nicht die Gedanken darüber, wie schnell das mit der Assimilation so weitergeht. Natürlich sage ich inzwischen überall "Grüß Gott". Und eigentlich mag ich das Fränkisch. Zumindest seit ich ein paar liebe Leute kennengelernt habe. Und ich gewöhne mich daran. An so vieles. Ich habe fast Mitleid mit den Glubbern, weil sie auf einem Abstiegsplatz stehen. Aber ich habe noch immer eine stille Freude im Herzen, wenn ich sehe, dass "wir" (Mainzer) auf einem Aufstiegsplatz sind. Sooo schlimm kann es also doch nicht sein, oder?

Nun habe ich also gebeichtet und hoffe, dass mir verziehen wird...


Liebe Grüße (oder heißt es Grüßla) aus Franken,
Moni

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